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Vinzenz Pallotti als geistlicher Begleiter der Schwestern

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EINLEITUNG

Ich freue mich, dass wir heute Samen auf einen fruchtbaren Boden aussäen: den Boden der pallottinischen Studien über Vincent Pallotti als geistlichen Führer der Schwestern. Das Thema ist aus vielen Gründen einzigartig, und diese Aspekte werden die Struktur dieses Vortrags bestimmen.

In einem ersten Schritt müssen wir uns ganz allgemein fragen, wer Pallotti eigentlich ist. Was ist die Quelle seines Lebens und was das letztendliche Ziel seines Lebens? Diese Fragen sind nach Auffassung Pallottis die Kernfragen, um das Wesen eines Menschen zu verstehen. Wir müssen versuchen, ein adäquates und vollständiges Bild von Vincent Pallotti als Mensch zu entwickeln, da dies die unabdingbare Voraussetzung ist, um die Frage zu beantworten, wie seine geistliche Führung aussah. Welches waren seine Quellen? Welche Methoden und Mittel hat er gebraucht? Als zweiter Schritt folgt bei diesem Thema eine Reflektion über Pallotti als Priester, und zwar in sakramentaler und ontologischer Hinsicht und bezogen die auf sein Amtsverständnis und seine soziale Identität. Was sagt Pallotti über sich selbst als jemand, der für so viele Schwestern aus den unterschiedlichsten Kongregationen und Traditionen ein geistlicher Führer ist?Im dritten Schritt stellen wir uns die Frage: wer waren eigentlich diese Schwestern, mit denen Pallotti in geistlicher und väterlicher Weise eng verbunden war? Im vierten Schritt hoffe ich, eine anfangshafte, allgemeine Darstellung des Dienstes von Pallotti als geistlicher Führer der Schwestern vorstellen zu können. Ich möchte aber gleich darauf hinweisen, dass ich hier natürlich nicht den gesamten politischen, sozialen und religiösen Kontext einschließen kann.

 

All dies gibt mir die Hoffnung, dass dieser Vortrag für uns nützlich und inspirierend sein wird, denn er lenkt unseren Blick auf die zeitlos gültigen Fragen nach dem Menschen, dem geweihten Leben, dem Priestertum, der geistlichen Führung, sowie nach Pallotti und seinem Charisma. Ich möchte Sie also ermutigen, meine Ausführungen genau anzuhören und weiterzudenken.

Bevor ich beginne, erlauben Sie mir noch ein einleitendes Wort, da dieses Thema zum Anfang einer Erklärung bedarf.

Ebenso wie bei Pallotti ist auch heute die geistliche Leitung von Schwestern eng mit dem Bußsakrament verbunden, auch wenn diese beiden Dinge natürlich vom Wesen her unterschiedlich sind. Pallotti selbst schrieb jedoch, dass es nützlicher ist, wenn der geistliche Führer ebenfalls der Beichtvater ist (OOCC X, S.754-760). Von daher bleiben uns viele Aspekte seiner geistlichen Führung verborgen, insbesondere alles, was unter das Beichtgeheimnis fällt. Wir sind also bei der Betrachtung dieses Aspektes von Pallottis pastoralem Wirken auf seine Briefe als Quelle beschränkt.

Wenden wir uns nun dem ersten Punkt zu.

PALLOTTIS MENSCHENBILD

Für Pallotti ergibt sich das wahre Wesen des Menschen aus der biblischen Botschaft, dass der Mensch als Abbild und Ebenbild Gottes erschaffen ist. Für Pallotti bedeutet Menschsein, ein Abbild Gottes zu sein. In „Gott, die unendliche Liebe“ sagt Pallotti, dass der Mensch durch den Schöpfungsakt Bild und Abbild der wesenhaften Liebe, der unendlichen Macht, der unendlichen Weisheit, der wesenhaften Gerechtigkeit, der Barmherzigkeit, der wesenhaften Lauterkeit, Heiligkeit und Vollkommenheit ist.

Der so verstandene Mensch ist mit einem freien Willen ausgestattet: er ist befähigt, Wissen zu erwerben, zu lieben, in Beziehungen einzutreten und zu arbeiten. Er ist zutiefst und unabänderlich mit Würde ausgestattet. Indem er den Menschen erschuf, hat Gott seinen Willen offenbart, mit diesem Menschen verbunden und in Gemeinschaft zu sein. Diese Gemeinschaft ist – durch die Gemeinschaft mit Jesus Christus – auch das letzte Ziel des Menschen. Es ist die Liebe, welche diese Gemeinschaft stiftet, und Einheit in Liebe macht den Menschen in besonderer Weise Gott ähnlich. Dies bedeutet auch, dass die Beziehung zwischen Menschen mehr ist als ein bloßes Nebeneinander-her-leben. Dies ist ein wichtiger Gedanke bei Pallotti, denn er weist auf eine sehr bedeutsame und bisher noch nicht genügend aufgedeckte Kategorie hin, nämlich die der Teilhabe. Der Mensch ist Gott und seinem Mitmenschen nicht nur gegenübergestellt, sondern er ist mit Gott und dem Mitmenschen in einer Beziehung der Teilhabe verbunden.

Die Tatsache, dass der Mensch das Abbild Gottes ist, bringt die Verpflichtung mit sich, dieses Abbild in sich immer weiter auszubilden. „Meine Seele spürt die natürliche Notwendigkeit, ihr naturgegebenes Wesen zu läutern und ihre Verdienste wachsen zu lassen, um Gott – wirklich den ganzen Gott – widerspiegeln zu können.“ („Gott, die unendliche Liebe“, S.41) „Durch das Wesen des Schöpfungsaktes hast Du uns dazu verpflichtet, nach Vollkommenheit zu streben, denn wir sind lebendige Abbilder Deiner selbst…“ (OOCC III, S.151, 218)

Ich bin mir sicher, dass sich nur in diesem Kontext die geistliche Führung Pallottis als Weg zeigt, wie der Mensch in sich Gott entdecken und ausbilden kann.

DIE QUELLEN DER GEISTLICHEN FÜHRUNG

Der Priester F. Amoroso sagte über Pallotti, dass er „keine Abhandlung über geistliche Führung geschrieben hat, aber zutiefst auf den Pfaden des Geistes gegangen ist.“ (Amoroso 1995, S.19) Es finden sich aber in seinen Schriften doch viele wertvolle Hinweise über seine geistliche Führung, und so gehört Pallotti zu dem reichen Strom der christlichen Tradition, in der die geistliche Begleitung einen zentralen Platz einnimmt. Was war die Inspiration Pallottis, wenn er anderen Rat gab, sie warmherzig ermutigte oder einfach in der Glaubenslehre unterwies?

Auch wenn Pallotti keine eigentliche Theorie der geistlichen Führung entwickelt hat, handelte er doch auf der Basis einer soliden philosophischen und theologischen Bildung. Seine erste Quelle war die Heilige Schrift. Seine Briefe sind durchwoben mit direkten und indirekten Bibelzitaten.

Eine weitere Quelle waren die Schriften der Wüstenväter und die Klassiker der Spiritualität. Viele seiner Texte legen Zeugnis davon ab, dass er die Meister der Spiritualität kannte. Dies war die Basis, auf der er bedachtsam mit den ihm anvertrauten Seelen umging. Er zitiert häufig aus den Biographien von Heiligen, die ein Vorbild sein können, er zitiert ihre Gedanken und gibt Beispiele aus ihrem Leben. So motiviert er dazu, sich geistlich anzustrengen und zu verpflichten. Es ist unmöglich, hier alle entsprechenden Textstellen bei Pallotti aufzulisten. Ich möchte hier nur als Beispiel anführen, wie er 1816 das Wort von Abbas Moses zitiert: „Unterwirf dich einem fordernden und strengen Mann, der dich hart und rauh behandelt, und versuche dann, alle seine Vorwürfe und seinen Tadel wie Milch und Honig aufzunehmen, und ich versichere dir, Du wirst in kurzer Zeit die Höhe der Vollkommenheit erreichen.“ (OOCC X, S.65)

Pallotti wusste, dass die Heilige Schrift, religiöse Schriften und das Wort Gottes in Predigten und Vorträgen wirklich eine Nahrung für die Seele in der Suche nach Vollkommenheit sind.

Das Gebet ist auch eine dauerhafte Quelle. Pallotti hat uns die Worte seiner Gebete hinterlassen. Er bat andere oft um das Gebet für sich und die Menschen, die er begleitete. Viele seiner Ermahnungen und Hinweise sind in Form eines Gebets geschrieben oder enden mit einem kurzen Schlussgebet (Frank 2007, S. 333).

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die persönliche geistliche Disziplin. Als Beispiel möchte ich gern auf den Entschluss des Jahres 1842 hinweisen. Pallotti schrieb dort: „Ich möchte ein Leben führen, das unablässig nach der höchsten Vollkommenheit strebt, unter der konsequent harten, strengen und strafenden Leitung durch einen frommen Mann, der mich völlig geläutert sehen will und mich deswegen in allem, auch in den kleinen Dingen, streng bestraft und als unvollkommen ansieht.“ (OOCC X, S.213)

Natürlich müssen wir hier unbedingt auch Pallottis eigene Praxis der geistlichen Führung erwähnen. Lassen Sie uns einen Blick auf diese geistliche Führung werfen. Dieser Blick wird es uns erlauben, die wichtigsten Säulen von Pallottis geistlicher Methode im Licht ihres geschichtlichen und biographischen Kontextes deutlicher herauszustellen.

Pallotti selbst wurde durch drei geistliche Führer geprägt:

  1. In den Jahren 1807-1837 war der Priester Bernardo Fazzini (1758-1837) sein geistlicher Führer. Pallotti nannte ihn den Heiligen Fazzini; er war Römer, Vikar und Gemeindepriester in Santa Cecilia in Trastevere, sowie Hausgeistlicher im Hospiz von San Michele in Ripa Grande. Er wurde Pallottis Beichtvater, als dieser 12 Jahre alt war, und begleitete ihn in den folgenden 30 Jahren auf seinem geistlichen Weg. Er ist 1835 der erste auf der Liste der Mitglieder der UAC. Es sind nur zwei der Briefe erhalten geblieben, die Pallotti an Fazzini geschrieben hat. Pallotti besuchte Fazzini am 1. Weihnachtstag, dem 25. Dezember 1837, als dieser im Sterben lag. Sie waren einander eng verbunden. Im Jahr 1816 hatte Pallotti in seiner Gegenwart das Gelübde abgelegt, seinem Beichtvater immer gehorsam zu sein. Er öffnete ihm seine Seele und ließ sich von ihm bedingungslos in allem führen. Fazzini war der Zeuge für die mystischen Gottesbegegnungen Pallottis. Niemand hatte tiefere Kenntnis seiner Seele als er. Er formte Pallotti und machte ihn zu einem großen Priester, der sein Priestertum als einen besonderen Weg zur Heiligkeit ansah.
  2. In den Jahren 1838-1844 war ein Kapuziner, Pater L. Pellegrini (Pater Seraphim vom Berg des Hl. Johannes) sein geistlicher Führer, ein Professor der Theologie und der Philosophie. Sie kannten einander gut. Sie trafen sich entweder im Haus der Familie Pallotti, an der Kirche Santo Spirito dei Napolitani oder im Kloster der Kapuziner in der Via Veneto. Auf Bitten Pallottis beschäftigte sich Pater Seraphim mit seinen geistlichen Texten, die er zwischen dem 10. Juli und dem 28. Oktober 1839 in Camaldoli verfasst hatte, und hieß sie gut. Pater Seraphim schrieb einen sehr bewegenden Brief an Pallotti (WP III, S. 208). Pallotti empfahl ihn anderen weiter als jemand, von dem man „mit Gewissheit den passenden Rat und ein erhellendes Wort“ bekommen könne. (OCL III, S. 23, Brief 545 vom 9. Juni 1839 an Francis Virili) Pater Seraphim war derjenige, der den Grund für Pallottis schwere Erkrankung 1839 in dem anstrengenden Dienst der Begleitung der Schwestern sah. Er schrieb in seinem Brief nach Camaldola: „Wenn du nicht bei den Schwestern die Beichte hören würdest, müsstest du heute nicht Blut husten.“ (Frank 2007, S.341)
  3. Zwischen 1844 und 1850, nach dem Tod von Pater Seraphim, wurde der Priester Salvatore Pascale sein Beichtvater und geistlicher Führer. Er begleitete ihn sechs Jahre lang, bis zu seinem Tod. Wahrscheinlich kannten sie einander etwa 22 Jahre lang. Ihre Korrespondenz zeigt, wie sehr Pallotti diesem Priester vertraute.

Nun möchte ich auf drei weitere, sehr wichtige Quellen für die geistliche Führung bei Pallotti eingehen, die mit seiner reichen asketischen und mystischen Erfahrung verbunden sind.

Die Gotteserfahrung – Gottes unendliche Liebe und Barmherzigkeit. Wie wichtig war dies im Leben von Pallotti, im Umgang mit den unvorhersehbaren Ereignissen und alltäglichen Mühen, und auch im Hinblick auf die eschatologische Dimension! Ich wage es zu sagen, dass Pallotti uns gerade in dieser Erfahrung die wahre Dynamik der geistlichen Begleitung sichtbar macht, und zwar als den tiefen Wunsch, das eigene Leben zu ändern. (OOCC X, S.167)

Eine tiefe Verbundenheit mit Maria. Dieser marianische Aspekt ist bei Pallotti nicht nur ein Aspekt seiner Frömmigkeit. Es handelte sich vielmehr um eine lebendige Beziehung, die Pallotti zu einem Leben der Heiligkeit ermutigte und die Auswirkungen auf seinen Dienst der geistlichen Führung hatte. Unter anderem erkennen wir hier eine der Methoden, die Pallotti als Seelenführer gebrauchte. Ein Jahr nach dem entscheidenden Ereignis der geistlichen Vermählung am 31. Dezember 1832 bereitete Pallotti eine dreiteilige Betrachtung für den Monat Mai vor. In diesen drei Teilen erscheint Maria als geistliche Mutter, eine geistliche Führerin, die lehrt, ihren Weg zeigt und ermutigt.

Die Sehnsucht nach Heiligkeit, die er in der Erklärung von 1816 zum Ausdruck brachte und der er sein ganzes Leben hindurch treu blieb. Pallotti war erfüllt von dem Bewusstsein, dass er für sein eigenes Streben nach Heiligung eine ständige und von Liebe getragene Ermutigung brauchte und dass er für das bewusste Streben nach Vollkommenheit der geistlichen Führung bedurfte. Er hat sich oft und deutlich in dieser Hinsicht geäußert. „Ein geistlicher Führer sollte ein Mensch sein, der dem Geist Gottes entspricht und nicht dem Geist der Menschen, welcher kapriziös und wechselhaft ist.“ (OOCC X, S.758) Gleichzeitig war dies die Vollendung seiner priesterlichen Identität: die Heiligung seines Lebens, indem er Seelen führte und ihnen zur Heiligung verhalf.

DAS GEISTLICHE PROFIL PALLOTTIS

„Oh, mein Gott, ich bin der Gabe nicht wert, ein wahrer Vater der Seelen zu werden, der sie zu den liebenden Wunden Jesu Christi führt…“ (Frank 2007, S. 253) Dies sagte Pallotti über sich selbst. Andere hingegen bezeugten: „Pallotti war allgemein als ein selbstloser, wahrhaft apostolischer Priester bekannt, der sich mit Hingabe um die unsterblichen Seelen bemühte.“ (Frank 2007, S. 334) Seine tiefe innere Beziehung zu Gott fand ihren Ausdruck in der Liebe zu den Menschen. Er betete häufig: „Nimm mich hinweg, o Jesus, und nimm du meinen Platz ein.“

In den Quellen, Methoden und Mitteln seiner geistlichen Führung Pallottis zeigen sich auch die ekklesialen und die apostolischen Dimensionen seiner Begleitung. Er lehrte die Menschen und führte sie zu Gott und zur Kirche. Er wollte in seinen Beichtkindern ein glühendes Verlangen nach evangelischer Vollkommenheit und nach apostolischem Eifer wecken. Wichtige Werte waren ihm dabei eine feste Beziehung zum geistlichen Führer, Gehorsam ihm gegenüber, Authentizität, Ehrlichkeit und Folgsamkeit. Er begleitete die Menschen mit Freundlichkeit, Geduld und Klugheit. Er hatte ein übernatürliches Geschick, den Zustand der Seelen zu erkennen; manche meinten, er könne Gedanken lesen. In seinen Briefen erkennen wir ihn als einen Mann mit gesundem Menschenverstand, Entscheidungskraft, väterlicher Zuwendung, Intelligenz, Respekt und Sinn für Humor. Er hatte immer ein Wort der Ermutigung, mit dem er an die Dankbarkeit gegenüber dem barmherzigen Gott erinnerte und auf die Notwendigkeit hinwies, den festen Entschluss zu fassen, das eigene Leben zu verändern. Die Bußakte, die er auferlegte, waren nicht nur eine Art Wiedergutmachung für die begangenen Sünden, sondern auch eine Hilfe, um in der Tugend zu wachsen. Er ermutigte zu häufigem Gebet, er empfahl den Besuch des Allerheiligsten Sakraments, den Empfang der Kommunion und die Pflege eines tiefen geistlichen Lebens durch die Verehrung der Gottesmutter. Er ermutige die Schwestern zu Armut, Liebe, treuer Beachtung der Regel und einem vollkommen gelebten Gemeinschaftsleben. „Liebe Schwester, bitte verlieren Sie nicht Ihren Mut, Ihr Vertrauen, den Frieden und die Stille Ihres Geistes!“ schrieb er an eine der Schwestern aus dem Konvent von San Domenico e Sisto.

Pallotti half anderen, Gottes Handeln zu erkennen. Er schrieb an eine Schwester aus Osimo: „Liebe Schwester, Sie sollten alle Gunsterweise nutzen, die Gott Ihnen gegeben hat, und sich ernstlich klarmachen, dass Sie eine Heilige werden können, wenn Sie dies wollen! Sie haben alles, was dazu notwendig ist.“ (Frank 2014, S.348)

Hatte Pallotti, der geistliche Führer der Schwestern, Wissen, Heiligkeit und Erfahrung – die Eigenschaften, die die Hl. Teresa von Avila von den Beichtvätern verlangte? Zeitgenossen bezeugen, dass er ein Mann des Glaubens war, der Christus und das Priestertum liebte, und der ein außerordentliches Maß an apostolischem Eifer und an Heiligkeit besaß. Eines seiner Beichtkinder sagte: „Er hatte etwas, das ich in anderen Dienern Gottes nicht finden konnte… Ich spürte in ihm eine himmlische Güte, und er konnte die Seele beruhigen und zum Schweigen bringen, indem er nur einige wenige Worte sprach, aber es waren die richtigen und sie wirkten“ (OOCC IV, S.390).

In seinem Dienst als geistlicher Führer sah Pallotti den Weg für die eigene Selbstheiligung: „Der geistliche Führer der gottgeweihten Jungfrauen, die in heiligen Klöstern eingeschlossen leben, kann den großen Geist der evangelischen Vollkommenheit erlangen… Im Nachdenken darüber fasse ich den folgenden Entschluss: Mein Gott,… umfasst von Deiner unendlichen Barmherzigkeit, Macht, Weisheit, Güte und Gottheit ersehne ich für alle Zeit und Ewigkeit danach zu streben, dass die Seelen zur höchsten Vollkommenheit gelangen; und ich möchte, dass Gott so verherrlicht wird, als ob alles, was lebt, durch die vollkommene Führung in Verbundenheit mit der Seligen Jungfrau Maria und der einzigartigen Menschheit Jesu Christi einen Gewinn erlangt hätte.“ (Frank 2007, S.334)

DIE SCHWESTERN

Pallotti begleitete viele Menschen. Unter seinen zahlreichen Beichtkindern waren auch Schwestern. Nach Pallottis Auffassung in Bezug auf die Apostel standen sie unter dem besonderen Schutz von Jakobus dem Jüngeren. Obwohl er „anfangs nur sehr zögerlich die geistliche Führung dieser Seelen übernahm“ (Frank 2007, S.330), wurde er mit der Zeit ein sehr gesuchter Beichtvater für die Schwestern. Bezeugt wird dies unter anderem von Kardinal Odeschalchi. Er empfahl Sr. Aluffi, sich an Pallotti zu wenden, und bezeichnete ihn als einen außerordentlichen Beichtvater. „Er ist ein Heiliger“, sagte der Kardinal in seinem Brief. „Glauben Sie mir, Schwester, ich sage dies ohne jeden Hintergedanken… Ich sage dies deswegen, weil unter gewissen Umständen die Zuwendung eines von Gott erleuchteten Menschen sehr hilfreich sein kann. Wenn Sie, liebe Schwester, davon nicht direkt profitieren, so hätten Sie doch immer sein Gebet als Begleitung, und die Gebete eines Dieners Gottes können viel erreichen.“ (Frank 2007, S.333-334)

Als Geistlicher in Rom diente Pallotti den Salesiannerinnen der Umiltà, den Augustinerinnen aus dem Kloster Delle Vergini, den Schwestern von Santa Martha, den Klarissen von San Silvestro in Capite, den Cölestinerinnen, den Schwestern der Annunziata, den Mantellas vom Gianicolo, den Schwestern von Sacre-Coeur und den Schwestern von San Cosimato. Es gab darunter einige Beichtkinder, die er persönlich begleitete. Er besuchte sie üblicherweise jeden Montag. Manchmal hörte er auch als außerordentlicher Beichtvater die Beichte der gesamten Gemeinschaft. Außerhalb Roms begleitete er die Schwestern der Gemeinschaften in Cingola (im Konvent Santa Sperandina), Osimo (im Kloster Santa Caterina) und Fara (Klarissen).

Pallotti war es bewusst, dass ein geistlicher Führer die Ordensregel und den Charakter der Gemeinschaft kennen sollte, um die Schwestern im Geist ihres Ordens zu begleiten. Er verstand das Ordensleben als eine Einladung zu höherer Vollkommenheit. Deswegen empfahl er auch, in der Klausur mit ihrem konzentrierten Leben zu bleiben und die Tugenden der Demut, des Gehorsams, des Vertrauens und des allgemeinen Strebens nach Heiligkeit zu üben. Um den Eifer anzufachen, rief er die Zeugnisse aus dem Leben der Gründer ins Gedächtnis. Die Ordensgelübde, das Erkennen und das Annehmen des Willens Gottes sowie ein vollkommenes Gemeinschaftsleben spielten in seiner Begleitung eine große Rolle. „Wenn die volle Übereinstimmung mit dem heiligen und reinen Willen Gottes fehlt, wenn es an wahrer Armut, der treuen Beachtung der Regel und einer wahrhaft tätigen Liebe mangelt, dann ist dies das größte Hindernis bei der bevorstehenden Einführung eines neuen Ordens. Lassen Sie uns beten und zu Füßen des Gekreuzigten weinen!… I möchte gern die Schwestern zu Versöhnung, Armut, Liebe, treuer Beachtung der Regel und einem vollkommenen Gemeinschaftsleben ermutigen“, schrieb Pallotti an eine Schwester im Konvent von San Domenico e Sisto.

Sein Dienst der geistlichen Begleitung richtete sich, wie wir bereits sehen konnten, an eine größere Zahl von Schwestern. Lassen Sie uns beispielhaft einige seiner Beichtkinder etwas genauer in Augenschein nehmen.

Schwester Aurelia Paris war eine Augustinerin aus dem Kloster Delle Vergini, die Pallotti bis zu ihrem Tod begleitete. Er ging sehr freundlich mit ihr um, erkannte, welche Art von Individualität sie prägte, ermutigte sie, die Tugenden der Demut und der Liebe zu bewahren und gab seine Anweisungen in Form eines Gebetes, das er oft zu beten empfahl. Während der Exerzitien in der Gemeinschaft der Augustinerinnen erläuterte er in großen Zügen an einigen Punkten, wie er die religiös verstandene Vollkommenheit verstand. (Frank 2007, S.331) Er sagte zum Beispiel: „Sich Gottes Gegenwart in allen Angelegenheiten, an jedem Ort und in jedem Augenblick bewusst sein; die Stille lieben; der vollständige und unablässige Geist der Demut.“

In der Nähe des Klosters der Augustinerinnen gab es eine weitere Gemeinschaft von Schwestern, dessen Oberin Schwester Gertrude Costantini (1780-1846) war. Pallotti war 16 Jahre lang ihr Beichtvater. Wir haben eine reiche Sammlung von Briefen, die Pallotti an Sr. Gertrude geschrieben hat (etwa 200 Briefe sind erhalten); Sr. Gertrude hat ihre Briefe vernichtet. Die Korrespondenz ist sehr persönlich. Pallotti vertraute Sr. Gertrude seine tiefsten geistlichen Erfahrungen an und gab ihr viele tiefe und einfache Hinweise. So antwortete er beispielsweise auf einen Brief, in dem sie von Schwierigkeiten berichtete: „Anstelle von zwei oder drei Worten schreibe ich Ihnen, Schwester, nur eines: GOTT!“ (Frank 2014, S.350) Er ermutigte sie, das Kreuz zu lieben und den Gekreuzigten anzubeten. Er tröstete sie, wenn es schwierig für sie wurde: „Legen Sie ihre gegenwärtigen Tränen in die Hände Unserer Lieben Frau, damit sie zu Tränen der Demut und des Bedauerns werden, nicht zu Tränen der Angst.“ (Frank 2014, S.350) Als jemand starb, der ihr sehr nahestand, schrieb Pallotti: „Man sollte nicht das Wort Tod gebrauchen, sondern wir sollten lieber sagen: er hörte auf zu sterben, da er für Gott in der Offenbarung Seiner Herrlichkeit geboren wurde.“ (Frank 2014, S.350) Unter der Führung Pallottis erlangte Sr. Gertrude Costantini ein hohes Maß an Vollkommenheit. Pallotti hörte auch die Beichte von anderen Schwestern und war ein außerordentlicher Beichtvater für die ganze Kongregation.

Die Dienerin Gottes Maria Luisa Maurizi (1770-1831), Mitbegründerin der Kongregation der Marienschwestern in Rom. Pallotti war mehrere Monate lang bis zu ihrem Tod ihr geistlicher Führer. Er war auch einer der Zeugen in ihrem Seligsprechungsprozess. Er war es vermutlich, der das Zeugnis über das Wunder der Befreiung von Besessenheit durch einen bösen Geist ablegte, das sich ereignete, als jemand ein Stück Stoff der Bekleidung von Maria Luisa Maurizi berührte. Pallotti sagte über sie: „Da der Herr mir die Führung dieser Seele übertragen hatte, die vor Gott groß und vor den Menschen verborgen war, fühlte ich, dass das Beichtehören sehr bedeutsam für meine eigene Seele war, so als würde ich dadurch konzentrierter in spiritueller Hinsicht.“ (Frank 2007, S.342)

Schwester Gertrude Vincentini. Sie sagte, dass die Führung durch Pallotti ihr zu „Licht, Wohlbefinden und Kraft verhalf.“ (Frank 2014, S.351) Auf ihre Bitte hin verfasste Pallotti Anweisungen über die Tugend der Einfachheit.

Das Ziel der geistlichen Führung ist der geistliche Weg und die Begleitung hin zur Heiligkeit. Ich möchte hier aber unsere Aufmerksamkeit auch auf den psychologischen Aspekt der Begleitung richten. Warum schlage ich das vor? Wir kommen hier zu einem sehr interessanten Punkt, der die Dialektik des Weiblichen und der Weihe betrifft. Wenn wir die Korrespondenz Pallottis mit verschiedenen Schwestern untersuchen, dass sehen wir, dass er bei der Begleitung der Schwestern auf ihrem geistlichen Weg einigen für die weibliche Identität typischen Haltungen begegnet. Er war in der Lage, darauf reif, weise und ehrlich zu antworten. Ein Beispiel dafür finden wir in seiner Korrespondenz mit Sr. Gertrude Costantini.

Wir können sehen, dass die Schwestern nach einem tiefen Kontakt verlangten. Sie interessierten sich für Pallottis persönliches Leben und wollten seine Freuden und seine Sorgen teilen. Sie verlangten auch nach geistlicher Führung; sie waren ernsthaft und offen.

SCHLUSS

Ich möchte mit einem schönen und heiteren Briefabschnitt enden. Auch wenn der Brief nicht von einer Schwester stammte, sondern von einem Studenten des Collegium Urbanum, bleibt er doch lebendiges Zeugnis: „Du kannst Dir nicht vorstellen, [Oma], wie froh ich über unserem Beichtvater bin. Ganz Rom nennt ihn einen Heiligen, denn er ist wirklich einer“ (Frank 2007, S.391).

Von Sr. Anna Małdrzykowska SAC

 

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