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Geschichte der polnischen Provinz – ein Überblick

Die Missionspallottinerinnen kamen am 2. Februar 1934 in Polen an. Dies war eine Initiative von P. Alojzy Majewski, einem Pallottiner, der in der Mission in Kamerun arbeitete. Er hatte 27 Jahre vorher die Gemeinschaft der pallottinischen Priester und Brüder von Italien nach Polen gebracht.

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Fr. Alojzy Majewski, SAC – Rajca 1935

Die ersten Schwestern: Srs. Leona Schettke, Meinolfa Falk, Maura Brener, Norberta Kempkes, Berthilla Neguin und Srs. Aurelia Wachowska und Kazimiera Milewska*, beide polnischer Abstammung, kamen aus Limburg (Deutschland) und waren zunächst Gast der pallottinischen Priester in Oltarzew. Die Schwestern wurden von ihnen geistlich wie materiell unterstützt und bereiteten sich dort auf die Aufgaben vor, die sie erwarteten. Die Gedanken Vincent Pallottis waren infolge der apostolischen Aktivitäten der Pallottinerpatres weithin bekannt geworden, und so standen schon nach kurzer Zeit Kandidatinnen, die an dieser Art von Mission interessiert waren, vor der Tür. Als die Schwestern von Oltarzew weggingen, waren es schon sieben. Nun ging der Weg dieser ersten Missionspallottinerinnen in Polen in Richtung auf den Nordosten, nach Rajca in der Nähe von Nowogrodek (heute in Weißrussland). Am 12. April 1934 übernahmen die Schwestern von den Patres das Herrenhaus mit einer Landwirtschaft von knapp 60 Hektar, die den Grafen Wereszczak gehört hatten.

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Sr. Aurelia Wachowska und Sr. Kazimiera Milewska

Die ersten beiden gesegneten Jahre standen für die Schwestern unter dem Stern eines dreifachen Einsatzes: Opfer, Entbehrung und harte Arbeit. Sie waren geschickte Handwerkerinnen und reparierten selbst die Gebäude, sie mauerten und strichen an, sie arbeiteten in der Landwirtschaft und im Garten, und – das war das wichtigste – sie kümmerten sich um die Menschen in der Umgebung. Dank der großzügigen Unterstützung durch eine Gruppe von Laien in Warschau, die sogenannte „Gesellschaft Zentralpolens“, waren die Schwestern relativ bald in der Lage, einen leerstehenden Getreidespeicher in ein Gotteshaus umzuwandeln. Die neue Kapelle wurde von Katholiken und noch mehr von orthodoxen Christen benutzt.

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Rajca 1934

Die Menschen versammelten sich dort zu Messen und anderen Gottesdiensten sowie zu im weiteren Sinne religiösen Veranstaltungen: gelegentliche Studienveranstaltungen, Mysterienspiele und zum Singen (in dieser Zeit wurde der erste Rajcaer Kirchenchor unter der Leitung von Sr. Bertilla gegründet). Und obwohl man damals noch nicht von Ökumene sprach und es keine Leitlinien für konfessionsübergreifende Aktivitäten gab, so entstand doch ein soziales wie religiöses Netzwerk der Christen, die in diesem abgelegenen Gebiet an den östlichen Grenze des Landes lebten.

 

Als die Schwesterngemeinschaft wuchs (es kamen fünf neue Kandidatinnen aus Limburg), erweiterte sich auch die Spanne der sogenannten externen Arbeiten. Die Schwestern kümmerten sich um die Kranken, eröffneten einen Kindergarten und einen Treffpunkt in Rajca. Im Rahmen der kirchlichen Kinder- und Jugendarbeit organisierten sie Gruppen von Kindern („Eucharistischer Kreuzzug“) und die marianische Gemeinschaft der Jugend; sie leiteten den katholischen Frauenbund, und natürlich waren sie in der Katechese aktiv. Da die Orte in einem Radius von etwa 20 km verstreut lagen, war es gut, dass die Schwestern von ihrer Natur her sowohl einen Sinn für missionarische Pastoral wie auch apostolischen Eifer mitbrachten. Selbst in die Gemeindemission waren die Schwestern eingebunden und füllten die Zeiten zwischen den Predigten mit gemeinschaftlichem Gebet, geistlichen Lesungen oder Gesang zusammen mit den Gemeindemitgliedern aus. Auch die Postulantinnen waren an diesen Aktivitäten beteiligt, wenn auch auf indirektere Weise. Sie halfen den Bauersfrauen im Haushalt (beim Kochen oder durch Kinderbetreuung), so dass diese in Ruhe den Vorträgen über Besinnung und Gebet folgen konnten.

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Rajca, 1935/36

Diese ganz junge Gemeinschaft stand im Jahr 1936 vor ihrer ersten großen Herausforderung. Den Schwestern deutscher Abstammung wurde der Pass nicht verlängert, so dass sie nach Hause zurückkehren mussten. Dadurch wurde die Gemeinschaft der Professen innerhalb einen halben Jahres auf nur zwei Schwestern reduziert. Zum Glück legten am 2. Juli 1937 13 Novizinnen in Anwesenheit der Generaloberin M. Aquina Klähr ihre ersten Gelübde ab. Bischof Karol Niemira aus Pinsk stand der feierlichen Liturgie vor. Den Jungprofessen wurden sehr schnell verantwortliche Positionen in neuen Niederlassungen übertragen: Nowogrodek, Gieranony und Zarankowszczyzna.

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L-R: Srs. Berthilla Neguin, Kazimiera Milewska, Aurelia Wachowska, Leone Schettke, Meinolfa Falka, Fr. St. Wierzbica, Familie Herzog von Nowogródek, Rajca, 1935 r.

Nach zwei relativ stabilen Jahren veränderte sich die Perspektive von Grund auf: als Folge der Expansionspolitik Hitlers brach der Zweite Weltkrieg aus. Nationen, Staaten, Organisationen und Einzelpersonen kapitulierten vor der totalitären Diktatur des Krieges. Eine neue Ordensfamilie, damals eine der jüngsten innerhalb der polnischen Kirche (nach nun fünfjährigem Bestehen Gesamtzahl der Mitglieder: 64, darunter 27 Novizinnen und Postulantinnen), stand gemeinsam mit der gesamten Nation auf, um das Heimatland zu verteidigen. Die Schwestern organisierten Diskussionsveranstaltungen zur Situation für die Menschen aus der Umgebung, richteten Luftschutzräume ein und betrieben selbst eine Apotheke. Die schwierige Lage verschärfte sich noch, als die Sowietarmee am 17. September 1939 von Osten her in Polen einfiel. Aufgrund einer Anordnung russischer Militärs wurde das Haupthaus der Schwestern in Rajca in ein Krankenhaus umgewandelt, und drei Schwestern wurden zur Arbeit dort eingeteilt. Die anderen Schwestern wurden gezwungen, das Mutterhaus zu verlassen. Die meisten Postulantinnen und Novizinnen kehrten in ihre Familien zurück. Die Schwestern mit Profeß trennten sich zunächst, bildeten dann aber im Untergrund eine Reihe kleinerer Gruppen: in Rajca, Nowogrodek, Vilnius und Plonka Koscielna. Der Kontakt zwischen diesen Gruppen war schwierig und mehr als nur einmal völlig unmöglich. Das Vorgehen der Invasoren (der Deutschen von Westen her und gleichzeitig der Russen von Osten) verursachte nicht nur eine Auflösung der territorialen Ordnung, sondern auch rechtliche Probleme in der inneren Struktur der polnischen Region der Pallottinerinnen. Im Oktober 1939 ging die Oberin der polnischen Region, Sr. Aurelia Wachowska, aufgestört durch die äußeren Umstände, nach Plonka Koscielna. Von diesem Augenblick an war der Kontakt zwischen ihr und den Schwestern abgeschnitten. Die lokalen Oberinnen hatten keine Wahl, als eigenständig Entscheidungen zu treffen und Autorität auszuüben. Auf die Bitte von Sr. Aurelia Wachowska kümmerte sich Mutter Fides, die Oberin der Schwestern von Nazareth, um die Schwestern in Vilnius (heute Littauen).

Während der gesamten Kriegszeit engagierten sich die Schwestern auf unterschiedliche Weise, um ihren Landsleuten zu helfen. Innerhalb des Flüchtlingskomitees in Vilnius unterhielten sie Nähstuben für Polen, die vor der Nazifront geflohen waren. Im Rahmen der Aktivitäten des Hauptausschusses für Schutzmaßnahmen kümmerten sie sich in Warschau und Mszczonow um Kinder und organisieren sogenannte Volksküchen. Sie pflegten als Krankenschwestern Patienten in Krankenhäusern (auch auf Seuchenstationen), in Gesundheitszentren und zuhause. In den Regionen von Nowogrodek und Vilnius arbeiteten sie im Gesundheitsbereich und unterstützten die Widerstandskämpfer dort auch materiell, soweit es ihnen möglich war. Die Schwestern halfen weiterhin der verfolgten jüdischen Bevölkerung, indem sie bedrohten Personen in Rajca und Nowogrodek Unterschlupf gewährten und ihnen zur Flucht an einen sicheren Ort verhalfen.

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Rajca 1993

Nach der Befreiung kehrten die Schwestern, die zerstreut worden waren, in ihre Gemeinschaften zurück, bildeten größere Gruppen und versuchten, miteinander einen neuen Anfang zu machen. Die Umstände waren so anders als in den 30er Jahren, dass es praktisch ein kompletter Neuanfang war, in einer politischen Situation, die Polen am Kriegsende wieder in Abhängigkeit und Unterdrückung zurückließ – diesmal vom Kommunismus und der Sowjetunion. 1945 wurde die gesamte Kongregation aus den östlichen Gebieten Polens evakuiert, da diese infolge des Vertrags von Jalta an die Sowjetunion fielen (bis 1989, dem Jahr als die Solidarität „aufstand“; gegenwärtig sind diese Gebiete Teil Weißrusslands). Die Schwestern errichteten Häuser im Nordteil des verwüsteten Landes, hauptsächlich in Danzig. Neben dem Aufbau dieser Häuser setzten sich die Schwestern auf vielfältige Weise für die Menschen ein. Manchmal ging auch der Einsatz voraus und war die Grundlage für eine spätere Errichtung einer Gemeinschaft. So war es beispielsweise in Danzig. In der noch brennenden Stadt, in welcher eine Typhusepidemie grassierte, irrten Waisen und kranke Kinder umher. Die Schwestern bauten eine provisorische Baracke und lebten dort zusammen mit den Kindern. Dies ist historisch gesehen die Keimzelle des Hauses, das 40 Jahre lang die Verwaltung der Pallottinerinnen in Polen beherbergte. Ein bedenkenswerter Zusammentreffen: aus den Umständen und sozialer Not entsteht der Impuls zur Errichtung pallottinischer Gemeinschaften – 1838 in Rom, wo sich die erste Gemeinschaft römischer Pallottinerinnen um die Mädchen bildet, die nach der Choleraepidemie 1837 als Waisen zurückgeblieben waren, und nun 1945 in Danzig.

Im Jahr 1947 wurde die polnische Region der Kongregation in den Rang einer Quasi-Provinz erhoben. Zu dieser Zeit zählte die Kongregation der Pallottinerinnen in Polen 28 Schwestern in fünf Häusern. Die erste Oberin der Quasi- Provinz wurde Sr. Zygmunta Bielawa (Amtszeit: 1947-1962). In den folgenden Jahren, in der die Zahl der Berufungen ständig wuchs, entstanden neue Häuser und Gemeinschaften in verschiedenen Teilen des Landes. 1968, als Sr. Elzbieta Hebel, die zweite Oberin der Pallottinerinnen in Polen, ihr Amt niederlegte, besaß die Quasi-Provinz schon 15 Häuser.

Das Jahr 1968 ist ein zentrales Jahr in den Annalen der polnischen Pallottinerinnen. Das beschlussfassende Generalkapitel des Missionszweiges der Schwestern des Katholischen Apostolats erhob den polnischen Teil der Kongregation in den Status einer Provinz, und das Amt der Provinzoberin wurde Sr. Zygmunta Bielawa übertragen, die dieses Amt bis 1974 innehatte.

Ein weiterer Meilenstein für die Gesamtkongregation war die Verlegung des Generalats von Limburg nach Rom im Herbst des gleichen Jahres. Es war eine Rückkehr zu den Wurzeln der Gemeinschaft.

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(R-L) Sr. Elżbieta Hebel, Sr. Paula Buchwald, Sr. Zygmunta Bielawa, Sr. Bogdana Cwalińska und Sr. Fides Misiewicz in Rajca, 1993

Während der folgenden Jahre wurde das Amt der Provinzoberin von folgenden Schwestern übernommen: Sr. Fides Misiewicz (1974-1986); Sr. Wladyslawa Sitarz (1986-1995); Sr. Anna Kot (1995-2001); Sr. Maria Swiatkowska (2001-2004); Sr. Blanka Slawinska (2004-2010); Sr. Bernadetta Turecka (2010-2015); Sr Mirosława Włodarczyk (2015-2018); Sr. Iwona Nadziejko (2018-). Gegenwärtig zählt die polnische Provinz etwa 300 Mitglieder in 27 Gemeinschaften in Polen und im Ausland: Weißrussland, Ukraine, Russland, Frankreich, Italien, Ruanda, Kongo und Kamerun (in unmittelbarer Zukunft wird die afrikanische Delegatur zur Region erhoben).

Von Sr. Mirosława Włodarczyk SAC

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*Sr. Aurelia Wachowska blieb bis 1958 in Polen und starb 1968 in Deutschland; Sr. Kazimiera Milewska blieb bis zu ihrem Tod 1981 in Polen.

Foto: Provinzialarchiv

 

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